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Geleitwort Romantische Vortragsstücke

 

Es gibt Momente im Leben eines Pianisten, da will er nicht technische Schwierigkeiten meistern oder komplizierte Formen gestalten, die Finger dressieren oder das Gedächtnis strapazieren, sondern auf der bisher erreichten Entwicklungsstufe seiner künstlerischen Fertigkeiten mit Hilfe seines Instruments einfach nur singen. Und seiner Seele, seinem Herzen - oder gar seinen Nächsten Freude bereiten.

Ich weiß, moderne "ernste" Musik will den Menschen seit einhundert Jahren eigentlich eher Angst und Schrecken einjagen; sie versteifte sich aber vielleicht etwas zu sehr auf diese eine Zielsetzung und überließ die freudigeren Klänge kampflos dem Schlager.

Trotzdem: Ich wage zu behaupten, dass auch die heutigen Interpreten der "ernsten" Musik eine Seele und ein Herz haben. Auch sie werden manchmal durch sentimentale Empfindungen, unbestimmte Sehnsüchte, handfesten Liebeskummer oder gar freudige Gemütsregungen "heimgesucht".

Diese seelischen Zustände konnten die großen Meister der Romantik, Chopin und Liszt, unnachahmlich auffangen. Ihre Musik ist aber leider nur von wenigen Pianisten erreichbar - wegen ihrer technischen Anforderungen und dem meist beachtlichen Umfang der Stücke. "Zu viele Noten!" pflegte da sogar der große russische Pianist Swjatoslaw Richter zu klagen.

In vorliegendem Heft habe ich versucht, die romantischen Stimmungen mit Hilfe einer tonal bezogenen Musik einzufangen, ohne den Interpreten vor allzu große technische Probleme zu stellen. Ich wäre sehr froh, wenn mir dieser Vorsatz gelingen sollte.

Auf Tempobezeichnungen habe ich bewusst verzichtet; die Stücke sind alle nach Lust und Laune und nicht zu schnell zu spielen. Auch alle Dynamikzeichen sind mehr oder minder unverbindlich und sollten sogar bei den regelmäßig vorgeschriebenen Wiederholungen frei variiert werden.

Ich wünsche allen Interpreten viel Vergnügen mit dieser Musik!

Der Autor

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