Karel Řičánek
Bäckerstr. 33a
D - 81241 München
Herrn Oberbürgermeister
Martin Tesařík
Rathaus Olmütz
München, den 30. Oktober 2004
Konzert am 3. Oktober 2004
Im Mozartsaal der Mährischen Philharmonie Olmütz
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
durch Ihre großzügige Geldspende haben Sie einen Abend ermöglicht, der wahrscheinlich zu den wenigen zählt, die für mich unvergesslich bleiben werden. Es war mir ein riesiges Vergnügen, meine eigene Musik durch so junge, talentierte und in jeder Hinsicht hervorragende Musiker gespielt zu hören. Ich danke Ihnen dafür herzlich.
Konzertant aufgeführte Musik ist eine Art Luftschloss - sie bringt die Luft und vielleicht auch ein paar Gefühle zum Schwingen und verflüchtigt sich rasch wieder ins Nichts. Die Lichter gehen aus und der Ruhm ist vorbei. Es ist beinahe eine Parallele zu unserem Leben. Wir haben jedoch zum Glück mehr als einen Abend zur Verfügung, bis wir uns verflüchtigen, unbekannt wohin ...
Bohdana Onderková teilte mir den Grund Ihrer Abwesenheit bei der Veranstaltung mit. Vielleicht kann ich Ihnen also die Atmosphäre der sehr fruchtbaren Proben und des ganzen erfolgreichen Abends einschließlich der wirklich vollkommenen Premiere meiner Komposition Epitaph für Robinson Jeffers für Violoncello solo und Kammerensemble durch einige Photographien näher bringen.
In meinem improvisierten Vortrag zu Anfang des Konzerts sprach ich recht absichtlich von Sachen, die sicher den Alltagssorgen der anwesenden Zuhörer ziemlich fern sind. Möglicherweise ist es die Aufgabe der Kunst und der Künstler, den Mitbürgern den Kopf oder die Stimmung zu heben, oder sie eventuell mit ungewöhnlichen Existenzbereichen zu konfrontieren. Es ist freilich auch möglich, dass jemand meinen Vortrag als Angeberei auffasste. Nun, ich lese gerade zufällig die Worte von Jiří Dienstbier: „Was diese Reaktionen anbelangt, das ist genau die Sache, die ich seit meiner Kindheit kenne - eine Art tschechischer Minderwertigkeitskomplex. Wenn ich etwas mache, dann spreche ich davon. Und bei uns wird es als Angeberei aufgefasst. Angeben würde ich dann, wenn ich von etwas sprechen würde, was ich nicht mache, oder vortäuschen würde, dass ich etwas kann, ohne es zu können.“ (Renata Kalenská: Rozhovory na konci milénia [Gespräche am Ende des Millenniums], S. 200.) Ich kenne den tschechischen Politiker Jiří Dienstbier nicht sonderlich gut, diese Äußerung kann ich aber bis zum letzten Buchstaben unterschreiben.
Ich lege Ihnen also auch meine post festum aufgeschriebene Einleitung bei, wünsche viel Gesundheit sowie Erfolg und Kraft bei allen Ihren künftigen Vorhaben und freue mich schon heute auf einen einmal vielleicht möglichen persönlichen Händedruck!
Ihr
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