Prostějovský TÝDEN (Proßnitzer Woche), 17. Juni 1998:
Begegnung mit Karel Řičánek oder Ein Gespräch über Musik...
...hatte am 5. Juni als eine weitere Veranstaltung in der Reihe der Begegnungen mit bedeutenden, aus Proßnitz stammenden Persönlichkeiten stattgefunden. Vorangegangen waren Abende z. B. mit Otto Wichterle, Sergej Machonin oder unlängst erst mit Jiřina Prokopová.
Die ursprüngliche Absicht der Veranstalter, zu diesem Gespräch auch den Komponisten Pavel Blatný einzuladen, scheiterte leider an ernsten gesundheitlichen Schwierigkeiten.
Karel Řičánek (geb. 1947) verbrachte in Proßnitz die ersten 18 Jahre seines Lebens, hier fing er zu komponieren an, hier schieb er seine ersten Stücke... Heute lebt er in München, wo er als Arrangeur, Komponist und Produzent arbeitet.
Er schrieb bereits über 600 Arrangements, davon etwa 200 eigene Kompositionen mit einigen "Top-10-Hits" und vier Goldenen Schallplatten.
"Es ist ein großes Dorf, ich fühle mich dort wohl", sagte er. "An Proßnitz erinnere ich mich aber gerne und ich würde am liebsten ein Loblied anstimmen. Wunderbar sind die Entfernungen hier, wenn man vom Friedhof bis zum Bahnhof zu Fuß in einer halben Stunde gelangt - in Frankfurt geht man in der selben Zeit kaum um zwei Häuserblocks herum".
In letzter Zeit widmet er sich vorwiegend dem Komponieren der "ernsten" Musik. "Ich versuche eine Musik zu schreiben, die möglichst viele Leute erreicht, ohne banal zu sein", sagte er.
Daß es ihm gelingt, das bezeugt seine ganze bisherige Karriere und das bestätigten auch die bei dieser Begegnung aufgeführten Kompositionen.
- hb -
Prostějovský TÝDEN (Proßnitzer Woche), 30. September 1998
Das Bibliotheksjubiläum und eine Weltpremiere
Die Proßnitzer Bibliothek - nun wieder städtisch - feierte in der vergangenen Woche das hundertjährige Gründungsjubiläum. Bei dieser Gelegenheit wurde ein Seminar veranstaltet, welches diverse Angaben, Informationen und Daten aus der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dieser Institution zusammenfasste, bewertete, verglich und klassifizierte. Überzeitlich und programmatisch war der Beitrag des Herrn Prof. PhDr. Jiří Cejpek angelegt.
Im Rahmen der Feierlichkeiten wurde auch ein Konzert veranstaltet. Im ersten Teil hatte der Frauenchor "Vlastimila" Vokalkompositionen vorgetragen. Den zweiten Teil füllte ein Konzert für zwei Gitarren in der Darbietung von M. Kolba und Frau Z. Kolbová-Šobrová.
Der dritte Teil war einem langersehnten Musikereignis gewidmet. Einer Welturaufführung des aus Proßnitz stammenden, nun in München lebenden Komponisten Karel Řičánek. Es war eine
für die Bibliotheksfeier geschriebene Komposition mit dem traditionellen Titel "Kassation für 5 Bläser, Klavier und Streicher".
Das Werk wurde vom Proßnitzer Collegium musicum unter der Leitung von Zdeněk Pella aufgeführt und bereitete dem Publikum eine große Überraschung. Es war eine durchaus moderne und zeitgenössische Komposition. Sie war jedoch fest in der Tradition der europäischen Musikkultur verwurzelt. Zahlreiche Zuhörer zitierten nach der Aufführung zwei Namen - Martinů und Prokofiew - als mögliche Inspirationsquellen des Autors. Die knapp halbstündige, fünfteilige Komposition hatte nach Ansicht des Rezensenten ihren Höhepunkt im dritten Satz. Dieser wirkte vollkommen, harmonisch und anmutig.
Es kommt nicht gerade oft vor, daß in Proßnitz ein Musikwerk uraufgeführt wird. Dieses Ereignis ist nun eingetreten. Das Ergebnis war jenseits jeglicher Erwartung: ein glänzender kompositorischer und interpretatorischer Erfolg. Man möchte fast sagen "eine Sternstunde absoluter Glückseligkeit".
M. Kvapil
Prostějovský večerník (Proßnitzer Abendblatt), 21.November 2000
Ein Nachfolger der alten tschechischen Meister aus Prostějov
Im Konzertprogramm des Nationalhauses tauchte eine tatsächlich interessante Sache auf. Äußerlich nur eine bescheidene Ankündigung, dass am Dienstag, den 28. November die Gruppe Fagoti Brunenses, also die Brünner Fagottisten Jiří Jakubec, Vladimír Pečinka, Tomáš Františ und Roman Novozámský ein Konzert geben werden. Das Fagott an sich ist schon ein interessantes Instrument. Die Autoren der Kompositionen sind einerseits Ausländer aller Zeitepochen, angefangen mit Michael Corrette mit Le Phénix über eine Reihe englische Komponisten wie Geofry Hartley mit Tea Song, also dem Teelied, Allan Stephenson mit Divertimento, bis hin zu der Komposition von Sergej Prokofjew Das humoristische Scherzo, und andererseits kommen zum Einsatz die Werken unserer Komponisten, die da sind Bohuslav Řehoř (Ahornmusik), Vít Zouhar (Was einem Tango alles passieren kann) bis zum klassischen Werk von Julius Fučík Der alte Knurrhahn.
Der interessanteste aller Autoren ist zweifellos Karel Řičánek mit seiner Sonate für vier Fagotte. K. Řičánek erinnert uns an alte tschechische Meister der Musik, sein Schicksal hat mit ihnen große ähnlichkeit. Doch im 18. Jahrhundert konnten die Herren Stamic, Mysliveček oder Benda an den Höfen der Aristokraten dienen, im übrigen entstand die heutige Orchesterbesetzung dank den tschechischen Musikern in Mannheim. Karel Řičánek ist einer von denen, die in Deutschland den Ruhm der tschechischen Musik verbreiten. Sein Weggang nach 1968 brachte ihm zunächst nicht nur Rosen und Ruhe. [...] Nach erzwungener Emigration blies ihm zunächst der eisige Wind des Existenzkampfes ins Gesicht. Er ließ sich nicht beirren und nach erfolgreicher Arbeit ist er heute sogar der Inhaber des Musikverlages Orton in München. Unlängst erst wurden seine interessante Kompositionen im Städtischen Theater aufgeführt, und Musikkenner bestätigen, dass es Kompositionen auf europäischen Niveau sind. Man kann ihn wohl den tschechischen Igor Strawinskij, übrigens auch ein Emigrant, nennen. Auf die neue Komposition von Karel Řičánek freuen wir uns aufrichtig und vor allem deshalb wollen wir die Proßnitzer öffentlichkeit auf dieses Konzert aufmerksam machen.
Dr. B. Eliáš, Csc.
Hanácký DEN (Hanakische TAG), 30. November 2000
Der Komponist fand Gefallen an Memoiren
Neue Genies werden laut Řičánek immer wieder geboren
Als der aus Prostějov stammende, bekannte Musiker und Komponist Karel Řičánek am Anfang der siebziger Jahre beschloss, in Deutschland zu bleiben, wusste er, was er tut. Nach dem Studium an der Karls-Universität bekam er ein zweijähriges Engagement bei einer Musikgruppe, welche das Musical Hair begleitete, und bei den Tourneen in Westeuropa konnte er Vergleiche ziehen. "Ich konnte wählen, ob ich meine Karriere in der Freiheit oder im Käfig beginnen will. Ich hatte noch Kontakte nach Hause und das bestärkte meine überzeugung, dass es keinen Wert hat, in die Heimat zurückzukehren. Diesen Entschluss bereute ich nie", erinnert sich Karel Řičánek, der heute seine Eltern, Freunde und Lieblingslehrer in Prostějov jedes Jahr mehrmals besucht. Den Anhängern der Ernsten Musik stellte er diese Woche im Proßnitzer Theater seine letzte Komposition, die Sonate für vier Fagotte, vor.
Der dreiundfünfzigjährige Musiker aus der Hanakei, der sein Talent vom Vater erbte, widmete sich zwanzig Jahre lang der Popmusik. Mit seinen Hits feierten Amanda Lear, Bernie Paul oder die Saragossa Band große Erfolge. "Nach sechshundert Liedern sagte ich mir, dass ich von den dreiakkordigen Kompositionen in immer gleichem Rhythmus genug habe", beschließt dieses Kapitel Řičánek, der für sich am meisten die Mitarbeit mit Montserrat Caballé schätzt. Es freut ihm, dass heute auch die Jugend wieder Zugang zur Ernsten Musik findet. "In den Sechzigern war die Gegenwartsmusik reichlich unverständlich, die intellektuellen Ansprüche waren zu hoch. Das, was ich als Student komponierte, wurde nicht einmal von meinen Professoren verstanden", erinnert er sich. Eine weitere Entwicklung mache ihm aber keine Sorgen - neue Genies würden angeblich stets geboren.
Der begabte Komponist war seiner Zeit auch ein hervorragender Leichtathlet. Von der Universiade 1967 in Bukarest brachte er eine Bronzemedaille im Hochsprung mit. Heute verbringt er seine Freizeit am liebsten mit dem Aufschreiben seiner Memoiren. Das Manuskript umfasst bereits fünfhundert Seiten, obwohl es nur bis zu Řičáneks zweiundzwanzigsten Lebensjahr heranreicht. "Es ist eine ganz andere Arbeit als das sehr langwierige und recht eintönige Aufschreiben der Kompositionen, die im Kopf in einigen wenigen Stunden entstehen. Womöglich ′ende′ ich als Jirásek"*)", fügt er lächelnd hinzu.
Blanka Oujezdská
*) Alois Jirásek = tschechischer Schriftsteller mehrbändiger Romane aus dem 19. Jahrhundert.
Prostějovský TÝDEN (Proßnitzer WOCHE), 6. Dezember 2000
Fagoti Brunenses und die Premiere einer Komposition von Karel Řičánek
Es waren neue Klänge und ihre Harmonie, die vom ersten Augenblick an die Besucher des 2. Abonnementkonzertes in ihren Bann schlugen. Schon lange erlebte ich eine derart konzentrierte Aufmerksamkeit der Zuhörer nicht mehr. Die Fagottisten Jiří Jakubec, Vladimír Pečinka, Tomáš Františ und Petr Kotiš hatten auf den Pulten Kompositionen von Corrette, Řičánek, Řehoř, Prokofjew, Hartley, Stephenson, Zouhar, Fučík und Ježek. Es war eine repräsentative Auswahl. Die Zuhörer wurden vermutlich besonders angetan von dem Opus des Allan Stephenson Divertimento, einer Komposition, die auf klassischem Grundriss mit postmoderner Zunge sprach.
Die Komposition von Karel Řičánek - Sonate für vier Fagotte - war eine Welturaufführung. [...] Das Werk lässt sich gut mit drei Facetten eines gut geschliffenen Diamanten vergleichen. Sie berühren sich, man kann ihre organische Verbundenheit sehen, jede erstrahlt aber in anderem Glanz, anderer Färbung, anderer Klarheit und Durchsichtigkeit. Die Komposition blieb nicht ohne Wirkung. Ich schätze mich glücklich, bereits zum zweiten Mal bei einer Welturaufführung anwesend gewesen zu sein. So etwas passiert nicht jedes Jahr.
Q
Prostějovský TÝDEN (Proßnitzer Woche), 09. Januar 2002
Neue Erfolge des Komponisten Karel Řičánek.
Als ungefähr vor einem Jahr das renommierte Ensemble Fagoti Brunenses (Brünner Fagottisten) im Proßnitzer Nationalhaus mit Werken der bedeutendsten angelsächsischen und französischen Komponisten aufgetreten ist, wurde im anspruchsvollen Programm zusammen mit den Werken von Strawinskij auch die Sonate für vier Fagotte des gebürtigen Proßnitzers Karel Řičánek uraufgeführt.
Dieser talentierter Vertreter der tschechischen Musik im Ausland läßt sich durchaus mit den früheren tschechischen Meistern einer Zeit, die Böhmen anerkennend als Konservatorium Europas bezeichnete, vergleichen. Solche wie Mysliveček, Stamic, Benda und andere waren damals auf den Höfen der Herrscher hochgeschätzt. Benda beispielsweise diente direkt dem preußischen König.
Karel Řičánek ging 1969 ins Ausland. Er arbeitete mit vielen Gruppen und bekannten Sängern zusammen und ist Inhaber des Musikverlages Orton in München ( Bäckerstr. 33a ). Seine Kompositionen wurden unlängst vom Symphonieorchester des Tschechischen Rundfunks unter der Leitung des Chefdirigenten Vladimir Válek auf CD eingespielt.
Das vielseitige Talent von Karel Řičánek machte auf sich bereits während seines Besuchs des Proßnitzer Jiří-Wolker-Gymnasiums aufmerksam. Zweimal war er unter den Siegern des anspruchsvollen nationalen Literaturwettbewerbs. Er war auch sehr erfolgreich als Leichtathlet. Sein kompositorisches Schaffen ist ebenfalls sehr vielseitig.
Von den neueren Aufnahmen waren uns bislang die viersätzige Erste Symphonie, einige Lieder aus einem Oratorium sowie die Komposition Hora ultima ( Die Abschiedsstunde ), eine Etüde für zwei Synthesizer und Orchester, zugänglich. Die spirituellen Kompositionen "Es werde", "Das verlorene Paradies", "Aus Glanz und Licht" und "Amen, Mein Gott" bezeugen einen Anspruch auf Tiefe und Innigkeit, mit dem Karel Řičánek nach Meinung von Sachverständigen zur Spitze der europäischen Gegenwartsmusik einzuordnen ist. Der Autor meidet auch den Humor nicht ( Komposition "Der Humor" ). Die Oratorium-Texte stammen von der zeitgenössischen deutschen Dichterin Susanne Osswald.
Zu einem seiner Vorbilder zählt Řičánek Hector Berlioz. Bei der Bearbeitung seiner Kompositionen verwendete er die teuersten digitalen Geräte. Unser Proßnitzer Komponist stützt sich also auf klassische Vorbilder und benützt die modernste Technik.
Bohuslav Eliáš
Songs wanted, 12.09.2002:
Charly Ricanek, tschechischer Komponist, Produzent und erfolgreicher Disco-Arrangeur für beispiesweise Amanda Lear, La Bionda, Bernie Paul, Saragossa Band, u.v.m., der als Musical-Director von "HAIR" seine Karriere in Deutschland begann, schrieb eine Autobiographie mit humorvollen, kurzweiligen Geschichten für den musikinteressierten Leser:
"Eine tote Amsel, der Cool-Jazz und die alte Klavierlehrerin".
Erschienen im Orton-Verlag (ISBN 3-00-010051-2).
Prostějovský TÝDEN (Proßnitzer Woche), 19. Februar 2003:
Der Lebenslauf von Karel Řičánek umfasst beinahe achthundert Seiten.
Der in Prostějov gebürtige Karel Řičánek lebt seit langen Jahren im bayerischen München. Er kann auf eine steile Karriere als Musiker, Interpret, Arrangeur und Mitarbeiter einer ganzen Reihe von europäischen Musikpersönlichkeiten zurückblicken. Bislang war dieser Künstler, der nicht nur unter seinem tschechischen Namen, sondern auch unter den Pseudonymen Charly Ricanek, David Blumenfeld und Hubert Stadler auftritt, als ein Nachfolger der alten tschechischen Meister, die den Ruhm der tschechischen Musik im Ausland verbreiteten, bekannt. Nun jedoch überraschte Karel Řičánek die öffentlichkeit mit seiner Autobiographie unter dem Titel "Eine tote Amsel, der Cool-Jazz und die alte Klavierlehrerin". Das Buch ist in brillantem Deutsch geschrieben und hat 780 Seiten mit 59 Bilddokumenten und 26 Notenbeispielen. Karel Řičánek widmete diese Publikation unter anderen auch dem Vorstandsvorsitzenden der GEMA, Christian Bruhn, der durch seine gnadenlosen Kritiken bekannt ist. Diesmal allerdings war er des Lobes voll, als er von dieser Biographie sagte: "Sehr interessant, sehr liebenswert, sehr ehrlich und sehr frech. Sehr fesselnd, fundiert und schön geschrieben!"
Karel Řičánek wurde am 8.5.1947 in Prostějov geboren, in einer Familie mit sehr hoher musikalischer Kultur. Auf der hiesigen Musikschule absolvierte er die Fächer Klavier und Klarinette und studierte seit 1965 auf der Prager Universität Musikgeschichte und -wissenschaften als ein hoffnungsvoller Student von Professor Petr Eben. Er widmete sich außer der Kunst noch erfolgreich dem Sport und gewann 1967 bei der Universiade sogar eine Medaille im Hochsprung. Nach den Ereignissen des Jahres 1968 ging Řičánek ins Ausland und in kurzer Zeit gelang es ihm, sich einen Namen als vorzüglicher Pianist und Komponist zu machen. Er wurde zum musikalischen Leiter der Berliner Hair-Truppe und wirkte außer in Deutschland auch in Österreich und in der Schweiz. Er begleitete bekannte Sänger wie John West, Karel Gott, Roberto Blanco oder Bata Illic. Als Arrangeur, Komponist und Produzent fand er Klienten sogar unter solchen Persönlichkeiten und Popgruppen wie Amanda Lear, Bernie Paul, La Bionda, Relax, Saragossa Band, Conny & Jean, Nicki, Bernhard Brink und Andy Borg. Für "Das Große Wiener Straußorchester" bearbeitete er die "Donauwalzer" neu, in Zusammenarbeit mit den Ungarischen Philharmonikern nahm er die bekanntesten Jennifer-Rush-Hits neu auf, er schrieb Streicherarrangements für die französische Chansonsängerin Mireille Mathieu. 1995 arbeitete er in München auch mit der spanischen Opernsängerin Montserrat Caballé zusammen. Karel Řičánek arrangierte rund zweihundert eigene Kompositionen, er komponiert auch Film- und Theatermusik. Er wird in seinem Geburtsland keineswegs vergessen - das Symphonieorchester des Tschechischen Rundfunks spielte unlängst seine I. Symphonie ein.
Weitere Einzelheiten über Karel Řičáneks Leben können Interessenten einem Videoporträt dieses Künstlers von europäischem Format entnehmen, welches in Kürze vom Proßnitzer Filmproduzenten Theodor Mojžíš der öffentlichkeit vorgestellt wird.
Bohuslav Eliáš
GEMA-Brief Nr. 45, März 2003:
Charly Ricanek, ein aus der ehemaligen Tschechoslowakei stammender Komponist, als Arrangeur einer der Protagonisten des weltweit erfolgreichen "Munich-Sounds" Ende der siebziger Jahre, in den Achtzigern Produzent deutscher Schlager und seit den Neunzigern wieder auf dem Gebiet der artifiziellen Musik tätig, legt seine umfangreiche Autobiographie vor: EINE TOTE AMSEL, DER COOL-JAZZ UND DIE ALTE KLAVIERLEHRERIN heißt das Buch. Zu beziehen über Buchhandel oder direkt beim Orton-Musikverlag (Tel. 089 - 834 42 15).
PRÁVO (Das Recht), 12. April 2003
Řičánek wird durch Todsünden ergänzt.
Den Komponisten Karel Řičánek stellt ein neues - und bislang letztes - Filmdokument aus dem Zyklus "Die Bürger der Stadt Prostějov" vor, der mit Hilfe des Rathauses entsteht.
"Die Premiere des Dokuments findet am Montag, den 14. April um 18 und 20 Uhr in Anwesenheit des Autors im Vortragssaal des Nationalhauses statt. Im zweiten Teil des Programms erklingt die Komposition "Die sieben Todsünden" für sechs Instrumente und einen CD-Player aus der schöpferischen Werkstatt des in Prostějov gebürtigen Karel Řičánek", teilte die Dramaturgin des Theaters, Eva Zelená, mit.
"Diese Komposition ist sozusagen ein Nebenprodukt, das beim Drehen des Dokuments entstand", sagte der Regisseur des Filmdokuments über Řičánek, Theodor Mojžíš. Er erklärte gleichzeitig, dass der Komponist durch einen Bilderzyklus von Tomáš Vincenec, den Grafiker des Filmstudio Mediaware, inspiriert wurde. Das neue Musikwerk sei nach Mojžíšs Worten ein Beispiel für funktionierende Symbiose der "lebenden" Musik mit Musik, die auf dem Computer kreiert wurde.
Řičáneks erste Kompositionsversuche sind vier Jahrzehnte alt. Seine künstlerische Entwicklung wurde durch derartige Persönlichkeiten wie die des Komponisten Petr Eben oder des Kenners der Musik des 20. Jahrhunderts Ivan Vojtech beeinflusst. "Řičánek spielte Orgel in der Berliner Inszenierung des Musicals "Haare", mit der das Ensemble dann zwei Jahre lang durch Deutschland, österreich und Schweiz unterwegs war", daran erinnerte Mojžíš ebenso, wie auf die Tatsache, dass der Komponist mit weltberühmten Stars der Popmusik zusammenarbeitete.
"Er arbeitete für Amanda Lear, später beispielsweise für Montserrat Caballé. In Deutschland, wo er seit der Emigration nach dem Jahr 68 lebt, bekam er ein halbes Dutzend goldener Schallplatten", informierte der Regisseur. Im letzten Jahrzehnt hätte eine Umorientierung im Schaffen des Komponisten von der populären hin zu der modernen, sog. ernsten Musik stattgefunden.
Das Dokument über den erfolgreichen Musiker drehten die Filmleute aus Prostějov in München, wo sich Řičánek am Anfang der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts niedergelassen hat, aber auch in Prag und selbstredend in der Geburtsstadt Prostějov. Das Filmstudio Mediaware stellte bislang ein halbes Dutzend Dokumente über bedeutende Persönlichkeiten der Stadt her.
Es wurde bereits beispielsweise der geniale Chemiker - Erfinder des Silons oder der Kontaktlinsen - Otto Wichterle porträtiert, ebenso wie der unlängst verstorbene Held des nationalen Widerstandes, General Rajmund Hanák sowie der Zehnkämpfer und Olympiasieger Robert Změlík.
Jiří Růžička
Prostějovský TÝDEN (Proßnitzer Woche), 18. April 2003
Der liebende Gott straft seine Kinder nicht.
Eine solche Verbindung von verschiedenen Kunstgattungen, wie sie am Montag im Vortragssaal des Nationalhauses stattfand, sieht und hört man nicht so schnell wieder. Die Hauptperson der ganzen Veranstaltung, Karel Řičánek, saß unauffällig in den hinteren Reihen, aber die Leute hatten ihn direkt vor sich.
Das Programm begann nämlich mit der Premiere des Videodokuments mit dem Titel "Karel Řičánek: Porträt", das bislang letzte Dokument aus einem Zyklus, welcher über prominente gebürtige Bürger der Stadt Prostějov durch das Unternehmen Mediaware von Theodor Mojžíš hergestellt wird. Nach der Projektion kam eine weitere Premiere an die Reihe - diesmal eine musikalische. Zu "Die sieben Todsünden" - einer Komposition für sechs Instrumente und einen CD-Player - wurde Řičánek durch den gleichnamigen Bilderzyklus des Künstlers Tomáš Vincenec inspiriert.
Eine durch die bildende Kunst motivierte Musik zu komponieren ist zwar nicht einzigartig, es ist aber auch nicht gerade üblich. Was hat Sie an den Werken von Tomáš Vincenec angesprochen?
"Tomáš erzählte mir zunächst von seinen Bildern und zeigte sie mir anschließend. Ich fand es interessant, dass er in Zyklen mit eigenartigen Themen malt, ich erinnere mich beispielsweise an den Zyklus "Die Arbeit" mit Eishockeyspielern, Schmieden oder Prostituierten - den fand ich sehr schön. Unter dem Eindruck des Zyklus "Die sieben Todsünden", bei dem sich Tomáš durch Dantes "Göttliche Komödie" inspirieren ließ, beschloss ich, mich selbst mit einem Thema auseinander zu setzen, das mich in letzter Zeit immer mehr interessiert. Je älter ich werde, umso mehr befasse ich mich mit philosophischen Fragen, mit der Suche nach dem Sinn des Lebens, mit der Religion und Esoterik. Lange Zeit war ich Atheist, und erst später kam ich dahinter, dass der Atheismus einen großen Nachteil hat - er ist ungeheuer langweilig. Das Leben ist aus seiner Sicht bloß das Ergebnis einer natürlichen Auswahl der Arten (was Darwin behauptete), es wird durch die Ökonomie des Marktes beherrscht (was Marx behauptete) oder durch unbeherrschte Triebe dirigiert (was Freud behauptete). Ich begann also mit der sorgfältigen Betrachtung sowohl der römisch-katholischen Religion als auch der verschiedenen östlichen Philosophien und reagierte vielleicht deshalb auf Vincenecs Bilder augenblicklich. Nach meiner Ansicht ist die Auffassung der Todsünde, wie sie uns von der Kirche vorgelegt wird, absolut unsinnig. Hat uns vielleicht Gott mit freiem Willen ausgestattet, um uns für seine Verwendung sogleich bestrafen zu wollen? Die Liebe des uns angeblich so aufopferungsvoll liebenden Vaters im Himmel mit dem Gedanken an tödliche Strafen zu verbinden, das ist für mich absurd und unannehmbar. Ganz davon abgesehen, dass die Todsünden aus den Zeiten von Dante Alighieri - also um das Jahr 1300 - heute landläufig begangen werden. Wer weiß denn heute noch, dass der Stolz, der Geiz, der Neid, die Unkeuschheit, die Unmäßigkeit, die Trägheit und der Zorn direkt in die Hölle führen?"
Ihre Komposition ist formal reichlich experimentell.
"Zum ersten Mal in meinem Leben verband ich Pop- und Jazzmusik-Ausdrucksweisen mit der ernsten Musik. Deshalb wählte ich auch den CD-Player, der die rhythmischen und elektronischen Parts übernimmt, und sechs ′normale′ Instrumente. Ich bin sehr froh, in Prostějov sechs hervorragende junge Interpreten gefunden zu haben, die sich meiner Komposition annahmen. Etwa vor einem Monat schickte ich ihnen Demoaufnahmen und Noten. Bei dieser Komposition ist nicht so sehr das Spielen an sich, sondern das präzise Zusammenspiel ziemlich schwer. Das ist wohl meine ′Spezialität′ und die Musiker verwünschen mich manchmal dafür."
Haben Sie schon Ihr Video-Porträt von Theodor Mojžíš gesehen?
"Ich sah es bereits vor der Premiere und hatte ein gutes Gefühl dabei. Zunächst hatte ich Bedenken, denn aus Tschechien bin ich mit zweiundzwanzig Jahren weggegangen und weitere dreiunddreißig Jahre sprach ich ausschließlich deutsch. Ich verlangte vom Regisseur ein Skript, bekam aber keines. Im Gegenteil, er weckte mich jeden Tag um sieben Uhr früh und stellte mir sofort provokante Fragen. Wir drehten insgesamt acht Stunden Aufzeichnungen in Prostějov, Prag und München und er tat mir fast Leid, weil er mit der immensen Materialmenge fertig werden musste. Ich denke aber, dass er das sehr witzig bewältigte."
Wenn Sie schon Prostějov erwähnten, welche Beziehung haben Sie zu dieser Stadt?
"Welche, wenn nicht die beste? Ich erlebte hier eine glückliche Kindheit und Jugend, ich habe hier meine Eltern, Lehrer und Freunde. Ich vergesse meine Geburtsstadt nicht und bin froh, dass auch sie mich nicht vergisst. Prostějov ist zwar ein kleiner und etwas verschlafener Ort, er hat aber sehr menschliche Dimensionen. Trotzdem bereute ich nie, von hier weggegangen zu sein. Von Anfang an sah ich mein Leben wo anders als in diesem doch etwas geschlossenen ′Biotop′ einer Kleinstadt. Zu weit weg wollte ich aber nicht, deshalb lebe ich in München."
Wie leben Sie in München eigentlich?
"Mit meiner Lebensgefährtin Andrea führen wir ein etwas exzentrisches Leben. Sie befasst sich mit Yoga, Reiki und ähnlichen Sachen. Vor zwanzig Jahren hörten wir mit dem Rauchen auf, seit vierzehn Jahren essen wir kein Fleisch mehr und versuchen, uns gesund zu ernähren, beispielsweise kaufen wir möglichst chemiefreie Nahrungsmittel ein - denn die Nahrung ist ja eigentlich Energie, die wir unserem Körper zuführen. Aber das sind selbstredend Sachen, die mit künstlerischem Schaffen kaum etwas gemeinsam haben. Bis heute konnte ich nicht das Geheimnis lüften, welches die künstlerische Arbeit beinhaltet. Ich habe keine Ahnung, wie die Kunst entsteht. Früher habe ich bis zu zwei Tagen gebraucht, um in Tiefen einzutauchen, in denen ich "die Welt" aus dem Kopf löschen konnte. So etwas brauche ich zwar heute nicht mehr, gleichwohl bleibt aber der Entstehungsprozess eines Kunstwerkes für mich immer noch rätselhaft."
Lenka Sehnalová
Štafeta (Die Staffel - Proßnitzer Kulturzeitschrift) vom 17.06.2003
Ein musikalischer Rückblick
Es besuchte mich ein berühmter Komponist. Es war weder ein Traum, noch ein traumähnlicher Zustand. Es war eine reale Situation. Wir kennen uns schon sehr lange, volle fünfzig Jahre. Mein Besucher sagte mir ganz eindeutig, dass mein Schreiben über die musikalischen Ereignisse in unserer Stadt zwar lobenswert sei, dass man sich manchmal aber auch einer wirkungsvollen Kritik widmen könnte. Mein Einwand, dass nach meiner Meinung an musikalischen Ereignissen nichts zu kritisieren, sondern eher für ihre Existenz zu danken sei, fiel nicht auf fruchtbaren Boden. Er zeigte und bewies mir und überzeugte mich, dass eine Kritik, selbstredend eine intelligente Kritik, eine notwendige Sache sei. Also fange ich an, diesen Ratschlag zu applizieren.
Bisher schrieb ich über das musikalische Leben unserer Stadt ein wenig systemlos. Manches nannte ich, manches lobte ich, manches vergaß ich gewöhnlich. Mit dieser Praxis ist jetzt Schluss. Einem jeden Musikerlebnis, das ich aufgrund persönlicher Erfahrung werde beschreiben können, widme ich ein paar Zeilen. Eindrücke und Gefühle werden frisch aufgezeichnet und sollen unmittelbare, noch nicht abgestandene Emotionen reflektieren.
[. . .]
Das Konzert von Karel Řičánek war außerordentlich. Außerordentlich sowohl durch sein künstlerisches und musikalisches Niveau, als auch dadurch, dass man damit zu Beginn der Konzertsaison noch nicht rechnen konnte. Die Konzerte von Karel Řičánek, dem gebürtigen Proßnitzer und bekannten Komponisten, bekommen allmählich in unserer Stadt eine Tradition. Nach der Uraufführung der Kassation zum 100. Gründungsjubiläum der städtischen Bibliothek in Prostějov 1998 und einer weiteren Uraufführung der Sonate für vier Fagotte im Jahre 2000 war es bereits der dritte Auftritt auf dem Podium des Nationalhauses. Bei einer Gelegenheit nannte ich den Autor einen berühmten Musiker und Philosophen. Es war bloß eine freundliche Hyperbel. Der Autor ist in der - ob engen oder breiten - Öffentlichkeit bekannt vor allem als Musiker beziehungsweise Komponist. Nur sehr wenige Sterbliche ahnen, dass seine Musik manchmal auch außermusikalische Inspirationsquellen in Anspruch nimmt. Die soeben aufgeführte Komposition Die sieben Todsünden dient als ein untrüglicher Beweis für diese Behauptung.
Warum sollten sich sittliche Vergehen nur in einer legislativen, theologischen, eventuell literarischen oder bildnerisch-künstlerischen Form darstellen lassen? Das universale Kommunikationsmittel - die Musik - ist überaus berufen, klar, eindeutig und verständlich den Blick auf die Verfehlungen, Vergehen und Unzulänglichkeiten des menschlichen Forum internum zu öffnen. Was bedeutet dies alles? Ich denke, dass ich nicht übertreibe, wenn ich bei dieser Gelegenheit von einer Renaissance des Gesamtkunstwerks spreche. Eine Komposition für sechs Instrumente, Flöte, Klarinette, Horn, Trompete, Gitarre und Violoncello, zusammen mit einer CD mit Elektronik und einem Schlagzeugensemble, die Bilder von Tomáš Vincenec und die Präsentation eines Videodokuments, weisen, ich ahne es, alle Attribute einer integralen Wirkung künstlerischer Formen aus.
Einen Satz nur zu dem Videodokument Karel Řičánek - Porträt aus der Produktion der Firma Mediaware. Ich bin kein Kenner einer Kunst, die nicht nach der Phantasie des Konsumenten verlangt, ich würde aber sagen, dass man hier den richtigen Schritt von den früher lehrreichen bis belehrenden Dokumenten zu Werken, die auf fester Konzeption und Ordnung fußen, getan hat.
Aber zurück zur Musik. Die Kammermusik-Komposition Die sieben Todsünden war rein, klar, verständlich. Sie resonierte die europäische Musiktradition, Strawinskij, Wagner, Berlioz. So ähnlich wird wohl die Wiedergeburt einer Neuen Klassik eingeläutet. Der französische Export, die Postmoderne, ist tot.
[. . .]
Miloš Kvapil
Werbe-Spiegel München, 27.08.2003
Von Prag nach Pasing
"Eine tote Amsel, der Cool-Jazz und die alte Klavierlehrerin" - na, da kommt ja einiges zusammen. Wie im Leben des Karel Řičánek. Denn so heißt seine Autobiographie. Und so kunterbunt, auf und ab, hin und her verlief auch sein bisheriges Leben.
Von Prag nach Pasing: 1947 im mährischen Prostějov (Proßnitz) in der ehemaligen Tschechoslowakei geboren, ab 1954 Klavierunterricht, 1962 erste Kompositionsversuche, 1965 Abitur und Abschluss der Musikschule (Fächer Klavier und Klarinette), ab dem Wintersemester 1965 Studium der Musikgeschichte und -wissenschaften an der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität in Prag (unter den Lehrern weltberühmte Komponist Petr Eben und der bekannte Schönberg-Experte Ivan Vojtěch), nach dem Studium Engagement als Organist bei der Berliner Truppe des Musicals "Hair", 1972 Niederlassung in München, ab 1977 einer der erfolgreichsten und gefragtesten Arrangeure der populären Discomusik, in den 80-er Jahren Produzent einer ganzen Reihe erfolgreicher deutscher Schlager.
Erfolge u. a. mit Amanda Lear, Bernie Paul, La Bionda, Relax, Saragossa Band, Conny & Jean, Denise, Mary & Gordy, Nicki, Juliane Werding, Bernhard Brink und Andy Borg; Tonträgerveröffentlichungen von insgesamt rund 700 Arrangements, davon rund 200 eigene Pop- und Schlagerkompositionen mit einigen "Top-10-Hits" und vier "Goldenen Schallplatten"; seit den 90-er Jahren Projekte u.a. mit Montserrat Caballé, Jennifer Rush und Mireille Mathieu; Arbeitsschwerpunkt jetzt aber eher als Komponist artifizieller, vorwiegend instrumentaler Musik - Karel Řičánek (alias Charly Ricanek, David Blumenfeld, Hubert Stadler) hatte und hat viele Erfolge in seiner Vita zu verzeichnen, doch war es nicht immer leicht für ihn, sich zu behaupten und im Grunde auch immer wieder neu anfangen zu müssen.
In seiner im eigenen Orton Musikverlag in Pasing erschienenen Autobiographie erzähl er von den Höhen und Tiefen eines kosmopolitischen Musikers und Komponisten, berichtet er nachdenklich, nicht immer uneitel, doch auch mit Selbstironie und auf jeden Fall amüsant von seinen Erlebnissen mit sich selbst, mit Frauen, die seinen Weg kreuzten, mit den Musikern, mit denen er zusammenarbeitete, doch auch mit Steuerberatern, Finanzämtern und Verwertungsgesellschaften. Das Kaleidoskop eines unsteten Lebens in bester tschechischer Fabuliertradition.
Helmar Klier
Prostějovský TÝDEN (Proßnitzer Woche), 30.01.2004
Karel Řičánek kehrt auf die Proßnitzer Bühne zurück
Konzertante Premiere der Komposition Sonata da camera
Prostějov - Der in Prostějov gebürtige, lange Jahre in München lebende Komponist Karel Řičánek kehrt mit seinem Schaffen wieder auf Proßnitzer Bühnen zurück. Beim Konzert der Klarinettistin Edita Müllerová, das am Donnerstag, den 5. Februar um 18 Uhr im Saal der "Kunstgrundschule Vladimír Ambros" stattfindet, findet die Uraufführung seiner Komposition Sonata da camera für Klarinette und Klavier statt. Wie kommentiert Karel Řičánek sein neues Werk?
"Ich freue mich darüber, dass meine Musik eine positive Resonanz nicht nur beim Proßnitzer Publikum, sondern offensichtlich auch bei den ausführenden Künstlern findet. Nach der erfolgreichen Premiere des Zyklus Die Sieben Todsünden im vergangenen Jahr sprach mich Edita Müllerová an, und ich kam ihrem Wunsch gerne nach. Ich schrieb für sie die Sonata da camera, in der ich an das Schaffen von Igor Strawinskij in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts anknüpfe. Er schrieb damals Sonaten im vorklassischen, barocken Stil, deren Inhalt durch das italienische Wort sonare - klingen umschrieben wird. Es geht schlicht nur um die heitere Freude am freien Fluss der musikalischen Fantasie", erklärt Řičánek.
Er freut sich auch darüber, dass bei diesem Konzert auch die bisher kommerziell erfolgreichste Veröffentlichung seines Musikverlages, der Zyklus Katzengeschichten, zum ersten Mal von Edita Müllerová's-Schülerinnen aufgeführt wird. "Ursprünglich schrieb ich den Zyklus für vier Blockflöten, diesmal wird er gespielt in der Bearbeitung für vier Klarinetten", fügt Řičánek hinzu.
Bei dem Donnerstagskonzert wird Edita Müllerová von der Brünner Pianistin Dana Drápelová begleitet, Gastauftritte geben die Klarinettistin Monika Proklová und die Fagottistin Katerina Grootová. In ihren Interpretationen werden die Besucher außer Řičánek's Sonate noch Werke von F. Poulenc, A. Vivaldi, F. Mendelssohn Bartholdy, H. Rabaud und M. Arnold zu Gehör bekommen.
-les-
Prostějovský TÝDEN (Proßnitzer Woche), 02.04.2004
Řičáneks Musik und Kvapils Poesie erklingen gemeinsam
PROSTĚJOV - Zwei aus Prostějov gebürtige Autoren stellen am Sonntag, den 4. April 2004 im Vortragssaal des Nationalhauses ihre neuesten Werke vor. Beim "Abend der Proßnitzer Autoren" werden die Poesie des Direktors der Proßnitzer Bibliothek Miloš Kvapil und die Musik des Komponisten Karel Řičánek zu Gehör gebracht.
Was stand am Anfang dieser Aufführung? Karel Řičánek schreibt darüber aus München, wo er schon seit fünfunddreißig Jahren lebt, Folgendes: "Zu Beginn des heißen Sommers im letzten Jahr bekam ich aus Prostějov zwei Briefe. In einem war das Ansuchen der Klarinettistin Edita Müllerová um eine Komposition für ihr Instrument mit Klavierbegleitung, der andere beinhaltete eine neue Gedichtsammlung meines langjährigen Freundes Miloš Kvapil. Beide Sendungen erfreuten mich gleichermaßen. Die Bitte von Edita Müllerová deswegen, weil ich sie als Kompliment für meine Musik auffasste - und solche Komplimente bekommen moderne Komponisten in der Tat nicht besonders oft.
Ich weiß noch von vielleicht zwei, drei Fällen, die ich als Komplimente für mich bezeichne. Der erste war, als mich der Konzertmeister der Cellosektion im Münchener Theater am Gärtnerplatz, den ich um die Beurteilung der Spielbarkeit meiner Sonate für Violoncello solo gebeten hatte, nicht mit den Noten im hohen Bogen hinauswarf, sondern, ganz im Gegenteil, die Sonate einstudierte und sie dann sogar im Studio einspielte - weil er Gefallen an ihr fand ...
Der zweite war, als Maestro Vladimír Válek beim Aufnehmen des langsamen fünften Satzes meiner Suite für Streichorchester einen Tutti-Einsatz verpasste. ‚Verzeiht mir bitte alle, die Musik zog mich derart in ihren Bann, dass ich das Dirigieren komplett vergaß’, entschuldigte er sich hinterher. (Und nach der dissonanten Jagd des letzten Satzes, die ich mit einer kurzen, stillen und breitgesetzten Versöhnung eines reinen C-Dur-Akkordes beendete, sagte er in die einsetzende Stille lächelnd: ‚Also, so etwas nenne ich Schluss!’) Und als drittes Kompliment darf ich vielleicht anführen, dass ich ungefähr vor zwei Jahren rein zufällig im Internet festgestellt habe, dass es von meiner Meditation für Orgel in Europa bereits drei CD-Aufnahmen gibt.
Aber zurück zu der Publikation von Miloš Kvapil. Ich fand darin plötzlich Tiefe, Originalität und poetische Qualität, die alles, was ich von meinem Freund bislang gekannt habe, hoch überragte. Zwei Gedanken schossen mir fast gleichzeitig nach der Buchlektüre durch den Kopf. Erstens die Worte von Sergej Rachmaninow, geschrieben in irgendeinem Brief: ‚Die Schwester der Musik ist die Poesie - und ihre Mutter ist die Melancholie.’ (Es ist zum Teil richtig, doch weder die Musik noch die Poesie entstehen natürlich nur aus Melancholie.) Und ich erinnerte mich auch an die Proßnitzer ‚Poetischen Abende’ in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, also in den Zeiten meiner Jugend. Ich begleitete ein paar Mal die gymnasialen Poesievorträge mit Klavierimprovisationen oder spielte bei einigen Abenden des Proßnitzer Poesieklubs mit eigenem Jazztrio. Und später, bereits in Prag, war ich Zeuge, wie der unübertreffliche Radovan Lukavský, Holan's Eine Nacht mit Hamlet rezitierend, durch das Junior-Trio begleitet wurde, also Jan Hammer jun. am Piano und die Brüder Vitouš an Bass und Schlagzeug - ein paar Jahre später in Amerika weltberühmte Jazzmusiker. Ich sagte mir, dass ich es versuchen könnte, die herrliche Tradition dieser Abende wieder aufleben zu lassen, diesmal mit eigener Musik und mit der Poesie meines Freundes.
Mein Anliegen fand sowohl bei Miloš Kvapil als auch bei der Leitung des Proßnitzer Theaters und des städtischen Kulturreferats eine sehr positive Resonanz. Ich bin diesen Kulturinstitutionen meiner Geburtstadt, und vor allem ihren führenden Persönlichkeiten, für die tatkräftige Unterstützung des zeitgenössischen Kunstschaffens sehr dankbar. Ich weiß, wie aufwendig, ermüdend und kraftraubend das Organisieren ähnlicher Aktionen anderswo ist, beispielsweise in München, wo bereits das rein kommerzielle Denken vorherrscht.
Anzufügen bleibt, dass alle Musikerinnen, die im vergangenen Jahr die Premiere meiner Komposition ‚Die sieben Todsünden’ vorzüglich interpretiert haben, auch an den Darbietungen des sonntäglichen Aprilabends teilnehmen werden. Es sind die Flötistin Hana Čermáková, die Klarinettistin Edita Müllerová, die Cellistin Bohdana Onderková, die Hornistin Michaela Roháčová und die Gittaristin Zlata Šobrová. Das Ensemble ist diesmal um die Pianistin Dana Drápelová und um die Geigerin Jitka Pluháčková erweitert. Es werden insgesamt sechs Kompositionen der letzten zwei Jahre gespielt, zwei davon, die kontemplative Arietta für Violine solo und die recht effektvolle Serenade für sieben Soloinstrumente, werden uraufgeführt."
Die Poesie von Miloš Kvapil wird an diesem Abend von Alice Gregušová und Aleš Procházka vorgetragen. "Ich wählte einige Gedichte aus meiner vorerst einzigen veröffentlichten Sammlung Eukleidovská seč klásku lásky (Euklidische Mahd der Liebesähren), die im vergangenen Herbst erschienen ist. Weitere Verse fügte ich hinzu aus Sammlungen, die vorerst als Manuskripte auf ihren Verleger warten. Es sind vorläufig neun Sammlungen und falls ich auswählen dürfte, so würde ich am liebsten Ozvěny z temnot (Echos aus Finsternis) und Útesy času (Klippen der Zeit) herausbringen", sagt Miloš Kvapil. Es war angeblich für ihn ein angenehmer Schock, als er von seinem Mitschüler und Freund Karel Řičánek zur gemeinsamen Präsentation ihres Schaffens aufgefordert wurde. "Ich freue mich sehr auf diesen Sonntagabend. Ich glaube, es wird sich lohnen", fügte Kvapil hinzu.
-les-
Právo (Das Recht) am 2.10.2004
Der deutsche Komponist Řičánek stellt sich in Olomouc vor
OLOMOUC (mhr) - Ein Abend mit der Poesie des amerikanischen Dichters Robinson Jeffers und mit der Musik des zeitgenössischen deutschen Komponisten, des in Prostějov gebürtigen Karel Řičánek, findet unter dem Titel "Welchen Wein trank der Gott?" am Sonntag im Mozartsaal der Mährischen Philharmonie in Olomouc statt.
Im Laufe des Abends wird die Komposition Epitaph für Robinson Jeffers für Violoncello solo und Kammerensemble zur Welturaufführung gebracht.
"Das Konzert findet dank der Violoncellistin Bohdana Oderková aus Olomouc statt. Sie spielte seit zwei Jahren meine Kompositionen in Prostějov, bat mich um eine Komposition für ihr Instrument und schließlich verabredeten wir diese Veranstaltung", führte Řičánek auf.
Aus seinem älteren Schaffen stellt der Komponist die Serenade für sieben Soloinstrumente, die Arietta für Violine solo und die Sieben Todsünden für sechs Instrumente und einen CD-Player vor. Zur Mitarbeit lud der Komponist unter anderen die Mitglieder der Mährischen Philharmonie und des Orchesters des Mährischen Theaters ein.
"Die Arbeit an einem zeitgenössischen Werk macht die interpretatorischen Konsulationen mit dem Autor möglich, was für einen Musiker sehr wertvoll und selten ist. Ich glaube, dass dieses Konzert auch für das Publikum ein nicht alltägliches Erlebnis werden wird", sagte die Violoncellistin.
Der Vortrag der Jeffers-Verse wurde Naděžda Chroboková und Mikuláš Pánek anvertraut, den führenden Kräften des Schauspielhauses in Olomouc.
Řičánek wurde 1947 in Prostějov geboren. Er studierte Musikgeschichte in Prag und lebt seit 1969 in München.
Münchner Wochenendzeitung am 5. November 2005
RETROSPEKTIVE MUSIK
Der tschechische Komponist Karel Řičánek in der Pasinger Fabrik
Pasing · Bene qui latuit, bene vixit – diese Zeile aus einer Ovid-Elegie (ungefähr: Wer versteckt lebte, lebte gut) könnte das Lebensmotto des aus der ehemaligen Tschechoslowakei stammenden Komponisten Karel Řičánek (Jahrgang 1947) sein.
Top-Ten-Hits
Nach den ersten Kompositionsversuchen auf dem Gymnasium folgten das Studium der Musikgeschichte in Prag, 1969 das Engagement als Organist beim Musical Hair in Westberlin, 1972 die Niederlassung in München-Pasing und seit Mitte der siebziger Jahre zwanzig Jahre lang sehr erfolgreiche Aufnahmen kommerzieller Popmusik. Ende der 70er wurde Řičánek als einer der drei, vier gefragtesten Arrangeure des weltweit erfolgreichen Munich-Sounds nicht nur von den deutschen Tonträgerfirmen regelrecht hofiert, sondern auch von italienischen, spanischen und amerikanischen Produzenten engagiert. Auf sein Konto gehen rund 700 veröffentlichte Arrangements eigener und fremder Titel mit mehr als zwei Dutzend Top-Ten-Hits. "Das zeitintensive Studium von immer neuen, fasziniernden Technologien im Umfeld der musikalischen Aufnahme- und Instrumententechnik war für mich viel wichtiger und spannender als die genauso zeitaufwändige Pflege der eigenen medialen Präsenz, wie ich sie bei allen meinen 'Klienten' miterleben durfte", sagt Řičánek.
Eigener Weg
Seit fünfzehn Jahre schreibt er nun mit zunehmender Intensität artifizielle Musik jenseits der üblichen Pfade der musikalischen Avantgarde. "Meine umfangreichen Kenntnisse des historischen Musikrepertoires ermöglichen es mir, mit den Ausdruckmitteln und -formen der letzten tausend Jahre schöpferisch umzugehen, mit ihnen zu spielen, sie umzuwandeln, zu erweitern, und sie mit neuen, zeitgenössischen Inhalten und Metaphern zu füllen. Ich möchte die Ergebnisse meiner Art zu schreiben deshalb als 'retrospektive Musik' bezeichnen. Eine besondere Auszeichnung und Inspiration ist mir dabei die überraschend positive Aufnahme meiner Kompositionen in den Reihen professioneller Musiker." Bei seinem Autorenkonzert in der Pasinger Fabrik (August-Exter-Straße 1) am Samstag, 19. November – Kleine Bühne, Beginn 20 Uhr – im Rahmen des Kulturfestivals "Pasing 1905-2005" anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Stadterhebung Pasings moderiert Řičánek die Aufführungen eines Querschnitts aus seinem Schaffen der letzten 40 Jahre und führt am Klavier in seine Werke ein - ein sonst eher seltener Einblick in das "Nähkästchen" eines modernen Komponisten.
Uraufführung
Auf dem Programm stehen neben den ersten Kompositionen unter anderem auch die Uraufführung seines neuesten Werkes, des Liederzyklus "Scherben einer grünen Nacht" nach Texten des tschechischen Dichters Miloš Kvapil für Sopran, Flöte, Klarinette, Violoncello und Klavier. Solistin ist die in Pasing ansässige Sopranistin und Chorleiterin Corinna Rösel (Pasinger Madrigalchor). Weitere Mitwirkende sind die hervorragenden tschechischen Řičánek-Interpretinnen Hana Čermáková (Flöte), Edita Müllerová (Klarinette), Bohdana Onderková (Violoncello) und Dana Drápelová (Klavier).
Helmar Klier
Münchner Wochenendzeitung am 5. November 2005 (pdf, 1,25 MB)
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